«Übrigens» in den Freiburger Nachrichten vom 2. Dezember 2014
Das Freiburger Kantonsparlament hat im November eine Amnestie für Steuersünder beschlossen. Daraufhin geht A. bei seinem Pfarrer zur Beichte.
A: Vergebt mir, Hochwürden, ich habe gesündigt.
Pfarrer: Was hast du denn gemacht, mein Sohn?
A: Steueramnesie.
P: Steueramnesie?
A: Ich habe vergessen, das Ausbildungskonto für meine Kinder bei den Steuern anzugeben: 100 000 Franken. Und da sind auch noch ein paar Wertpapiere in meinem Safe, von denen die Steuerbehörde nichts weiss.
P: Du hast also Steuern hinterzogen? Das ist keine Sünde …
A: Da bin ich beruhigt.
P:… sondern eine Straftat gemäss Artikel 175 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer.
A: Eine Straftat? Ist das nicht etwas hart ausgedrückt? Es sprechen doch alle von Steuersündern.
P: Aber niemandem käme es in den Sinn, einen Vergewaltiger «Sexualsünder» zu nennen, einen Dieb als «Eigentumssünder» zu betiteln oder einen Mord als Sünde an Leib und Leben zu bezeichnen. Oder?
A: Und die Temposünder?
P: Parksünder meinetwegen. Aber mit 80 durch ein Dorf zu brettern ist keine Sünde, sondern schlicht kriminell. Da ist es mit ein bisschen Asche aufs Haupt nicht getan.
A: Hoppla, Hochwürden. Müssten Sie nicht für Vergebung sein, immerhin sind sie Christ von Beruf?
P: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Und ausserdem: Ein echter Sünder bereut seine Tat und tut Busse, dann wird ihm vergeben. Bereust du deine Steuerhinterziehung, mein Sohn? Oder bist du einfach froh, dass du bisher nicht aufgeflogen bist?
A: Ähm.
P: Und hast du Busse getan?
A: Ich zahle die Steuern nach.
P: Die du sowieso hättest zahlen müssen. Das ist keine Busse.
A: Aber das ist doch der Clou einer Steueramnestie?
P: Dass der Staat sich kaufen lässt?
A: Wie bitte?
P: Straffreiheit gegen Steuergelder, die dem Staat sonst entgangen wären, das ist der Deal dahinter – das ist doch korrupt. Oder wie würdest du das nennen?
A: Pragmatisch. Der Staat muss an allen Ecken und Enden sparen. Da sind 46 Millionen Franken nicht zu verachten, die so in die Staatskasse fliessen.
P: Stimmt. Unsere Kirche könnte auch Geld brauchen, für die Renovation der Orgel und das Jugendlokal.
A: Dann kriege ich jetzt von Ihnen die Absolution?
P: Nein. Die musst du dir in diesem Fall beim Steueramt holen.