Nichts gemacht

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 7. Oktober 2025

Was ich heute alles nicht gemacht habe. Ich habe keine Berge versetzt, keinen Bengalischen Tiger gestreichelt und nicht in Krypto investiert (ich setze, kleiner Geheimtipp, auf Volgmärkli). Ich habe weder einen Norwegerpulli gestrickt, noch auf der Finnenbahn geschwitzt, und bei Ikea war ich auch nicht. Ich habe keinen Hund überfahren und keinen Hausarzt gefunden. Wie auch, ich hab ja auch nicht gesucht. Ich habe weder gebügelt noch mich liften lassen. Und den Nobelpreis habe ich auch nicht entgegengenommen (ich hab ihn mir ja auch nicht verdient). Gefühlt habe ich heute schon viel mehr nicht gemacht, als andere in ihrem ganzen Leben.

Und das noch vor dem Znüni.

Wenn ich weiter so Gas gebe, werde ich bis zum Abend locker auch kein Japanisch gelernt, den Marianengraben nicht betaucht und kein Bier auf Hawaii getrunken haben (dort soll’s ja sowieso keines geben). Ich werde Gott nicht gefunden und den Teufel nicht versucht, kein Kind gezeugt, keinen Baum gepflanzt und kein Haus gebaut haben.

Es ist doch so: Wie sehr wir uns auch anstrengen, wir machen immer viel mehr nicht, als wir machen. Wenn wir etwas tun, tun wir deswegen anderes nicht. Jede Entscheidung für etwas ist eine Entscheidung gegen tausend anderes. Was vor allem junge Menschen in die «Fomo» treibt, die Angst, etwas (Besseres, Cooleres, Instagram-Tauglicheres) zu verpassen. Dagegen hilft nur eines: Sich vergegenwärtigen, was man sowieso alles nicht macht. Eine gepflegte Not-to-do-Liste ist wie ein Lavendelbad fürs überhitzte Gehirn. Behaupte ich mal. Denn zu Ende gedacht habe ich diese Idee natürlich nicht. Ich war zu sehr damit beschäftigt, andere Dinge nicht zu tun.

Sicher ist nur: Nichts zu tun, macht die Welt in vielen Fällen zu einem besseren Ort. Ich habe heute jedenfalls noch keinen Krieg angefangen, keine Steuern hinterzogen, kein Erdöl verbrannt und bin nicht schwarzgefahren (Homeoffice). Ich finde, da könnten sich andere noch ein Beispiel daran nehmen.

Auf jeden Fall wird das Leben gleich interessanter, wenn man darüber spricht, was man alles nicht getan hat. «Ich habe heute mein Schwarznasenschaf nicht zur Logopädin gebracht» ist ein fantastischer Einstieg in jeden Apéro-Smalltalk. Glaube ich zumindest. Ich habe heute noch kein Apéro besucht, an dem ich den Satz hätte testen können. Ist auch erst elf Uhr. Und ich muss heute noch so vieles nicht tun, da brauche ich einen klaren Kopf.

Ein Gutes hat mein heutiges Nichtstun aber mit Bestimmtheit. Nur weil ich Ihnen davon erzählen durfte, habe ich heute doch noch etwas geschafft. Auch wenn es nur diese Kolumne ist.

Bild: Pixabay

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert