Den Trump zum Gärtner machen

«Übrigens» in den Freiburger Nachrichten vom 19. September 2016

Vierzig Quadratmeter, zwölf Frauen und ich – nein, das ist nicht eine versaute Kreuzung aus dem «Bachelor» und «Big Brother», sondern der Gemeinschaftsgarten in unserem Quartier. Natürlich kann das nicht gut gehen. Zwar stimmt die Chemie zwischen uns, aber Chemie stimmt für uns nicht, darum verzichten wir darauf. Auch auf Schneckenkörner.

Dumm nur, dass unser Gärtchen auf drei Seiten von einer Kuhweide umgeben ist. Jede Nacht kommt es zu einer unkontrollierten Masseneinwanderung von schmarotzenden Nacktschnecken, die sich übers Gemüse in unserem Paradiesgärtchen hermachen. Selbst Blocher, wäre er eine Indische Laufente, käme nicht nach mit Auffressen.

Ich habe mir schon ernsthaft überlegt, Donald Trump zum Gärtner unseres Gärtchens zu machen. Der würde nämlich als erste Amtshandlung gleich eine Mauer um den Garten hochziehen. «Und die Schnecken werden dafür bezahlen», würde er in die Kuhweide hinausposaunen. Und alle wären glücklich: Wir, weil wir die Schnecken los sind, und die Welt, weil sie Trump los ist.

Überhaupt ist so ein Gemeinschaftsgarten ja ein Laboratorium für eine bessere Welt:  Ich sag nur, gemeinsam statt einsam. Man teilt die Arbeit, die Freude und die Ernte (oder was die Schnecken davon übrig gelassen haben) und lernt: Teilen ist das neue Besitzen.

Obendrein ist das Gärtnern immer auch eine Lektion in Demut, Bescheidenheit und Geduld. Und eine Übung in Achtsamkeit. Wochenlang habe ich zum Beispiel ein Unkraut ausgerissen, das sich in allen Beeten ausbreitete. Bis ich mir die Mühe machte, das dickblättrige Kraut im Bestimmungsbuch nachzuschlagen und herausfand, dass es sich dabei um den Weissen Mauerpfeffer handelt – eine Pflanze, auf die der seltene Apollofalter scharf ist. Seither lasse ich das Kraut wachsen. So richtig buddhistisch – abgesehen vom Überbrühen der Schnecken mit kochendem Wasser, das ist eher so märtyrerhaft-frühchristlich.

Demut, Bescheidenheit, Achtsamkeit: Den grossmäuligen Trump statt zum Präsidenten um Gärtner machen – ich glaube, das wäre ein Therapieversuch wert. Schlimmstenfalls verwüstet er unsere 40 Quadratmeter, aber wenigstens nicht gleich die ganze Welt.

Das Schönste am Gärtner ist übrigens, zu erleben, wie jedem Ende ein Anfang innewohnt. Gerade im Herbst, wenn der Garten öde wird und der erste Seelenschmetter in einem hochkriecht, lässt es sich wunderbar vom Frühling träumen, während man die Knollen der Krokusse und der Winterlinge setzt.

Wenn nur die Wühlmäuse nicht wären. Mister Trump, wir brauen Sie hier!