Würzige Heimat

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 12. Januar 2019

Dank der SVP wissen wir endlich, was Heimat ist. Nämlich: «Das, was wir vermissen, wenn wir auswärts sind. Den Schweizer Dialekt, die Musik, das frische Trinkwasser, knuspriges Brot, den Cervelat, ja sogar das Aromat.» Das sei Heimat. So steht es im brandneuen Parteiprogramm der SVP. Gut, ein paar Unschärfen hat die Heimat­definition der selbst ernannten Volkspartei zwar schon. So gibt es etwa meines Wissens keinen Schweizer Dialekt, sondern ein paar Hundert Dialekte. Gluten-Opfer denken bei knusprigem Brot ganz spontan wohl eher an Hölle als an Heimat. Und was ist mit Vegetariern, die keine Cervelats essen? Sind das heimatlose Gesellen?

Vor allem aber fehlt in der Aufzählung ganz entschieden das DüDaDo des Postautos, gopfertammisiechnomoll. Das ist für mich Heimat. Und dass einem das Postauto noch in den hintersten Chrachen bringt, das ist für mich auch Heimat. Unbedingt nachbessern, liebe Frauen und Mannen von der SVP, sonst wähle ich Euch im Herbst noch weniger als sonst schon.

Aromat als Metapher für Heimat hingegen finde ich grossartig. Denn wer hats erfunden? Ein Schweizer, das stimmt. Aber wem gehörts? Dem multinationalen Konsumgüterkonzern Uni­lever (hör ich da Ausverkauf der Heimat? Und braucht die Schweiz eigentlich einen Sitz im Unilever-Sicherheitsrat, oder nicht?).

Und was steckt denn drin, in der würzigen Heimat, waseliwas? Bodenständige Zwiebeln und allergene Selleriesamen, dazu Nelken (Zuwanderer aus Sansibar), Curcuma (wächst die eigentlich auf hiesigem Mist?), Lorbeer (übers Mittelmeer gekommen) und eine binationale Mariage von Palm- und Sonnenblumenöl (quasi Ehe für Öle, also, Ehe für alle, äh, ist ja auch egal, Haupt­sache, es flutscht).

Als Völker verbindendes Element darf natürlich der Geschmacksverstärker Glutamat nicht fehlen; das macht das Essen auch beim Chinesen so lecker. Und, jetzt ganz stark sein, liebe Verteidiger des christlichen Abendlandes: Ich glaube fast, Aromat ist sogar halal.

Kurz: Das würzige Streupulver ist ein bunter Mix aus Hiesigem und nicht ganz so Hiesigem – Multikulti im Gewürzdöschen, sozusagen. Das also ist für die SVP Heimat. Hätte nicht gedacht, dass ihr das schmeckt. Ich streu mir davon aber gerne etwas auf mein knuspriges Cervelatbrot, dazu ein Glas frisches Trinkwasser und etwas Lüpfiges von Müslüm. Sie wissen schon, das ist dieser Musiker mit dem Schweizer Dialekt.

In diesem Sinn: DüDaDo.

Migrationsmissverständnis

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 29. Dezember 2018

«Schon eindrücklich, diese Migrationsströme. Millionen sind Jahr für Jahr unterwegs. Auf fixen Routen. Tausende von Kilometern legen die zurück. Übers offene Meer, durch die Wüste, unwirtliche Gebirge. Stell dir mal die Strapazen vor. Die sind total entkräftet, wenn sie ankommen. Wenn sie überhaupt ankommen.»

«Jetzt übertreib mal nicht.»

«Doch. Viele schaffen es gar nicht. Das weiss man. Die bleiben auf der Strecke. Und trotzdem ziehen sie immer wieder aus Neue los.»

«Sollten halt gar nicht erst weggehen. Meine Meinung. Wird man ja wohl noch sagen dürfen.»

«Die können nicht anders. Die müssen einfach weg. Das ist genetisch bedingt. Die haben sonst keine Lebensgrundlage.»

«Migration ist genetisch bedingt? Was ist das denn für ein Quatsch?»

«Natürlich, die würden verhungern, wenn die nicht wegziehen würden. Das sind Hungerflüchtlinge.»

«Hungerflüchtlinge? Das glaubst du doch selber nicht. Weisst du, was das Problem ist? Es werden immer mehr. Und wenn sie mal da sind, bleiben sie auch. So siehts doch aus.»

«Nein, die gehen wieder zurück. Sobald sie in ihrer Heimat wieder überleben können.»

«Nein, die bleiben.»

«Nein, die gehen zurück. Du hast aber auch wirklich gar keine Ahnung. Hast du in der Biologie nicht aufgepasst?»

«Jetzt hör aber auf. Natürlich habe ich eine Ahnung. Und eine Meinung. Weisst du, was mich stört? Vielen Einheimischen gehts auch schlecht, aber das ist bei euch Gutmenschen ja kein Thema.»

«Jetzt übertreibst aber du. Natürlich haben es die Einheimischen auch hart. Grad im Winter. Darum helfe ich denen auch. Braucht ja nicht viel. Ein bisschen was zum Knabbern. Was die für eine Freude dran haben, das sage ich dir.»

«Wie bitte?»

«Gut, die machen schon auch Dreck. Aber dafür ist es für die Kinder total schön, wenn sie zuschauen können. Ein richtiges Spektakel, wenn die zur Fütterung auf die Terrasse kommen. Da hat es ja immer auch ein paar ganz Freche drunter. Die zanken sich richtig um ihre Nahrung. So ein Spass.»

«Sag mal, bei dir piept es wohl? Erst machst du einen auf Gutmensch und dann redest du so abschätzig daher.»

«Was heisst abschätzig? Hast du noch nie den Spatzen zugeschaut, wenn die sich am Vogelhäuschen gestritten haben?»

«Wieso redest du jetzt plötzlich von Vögeln?»

«Ich rede doch schon die ganze Zeit von Vögeln. Zugvögeln. Was hast du denn gedacht?»


Weihnachten

Den Santa einen adipösen alten Mann sein lassen. Stolz ertragen, wie sich die Grosse mit der Blockflöte durch «Jingle Bells» hyperventiliert, während der Kleine dazu den Triangel schlägt mit einem heiligen Ernst, als hinge das Heil der Welt davon ab, was es auch tut, in diesem einen Moment. Das ist für mich Weihnachten. Und noch vieles mehr. Nachzulesen in meinem Blogbeitrag für den «Aufbruch».

Fröhliche Weihnachten!

Die Gipfeli der Macht

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 4. Dezember 2018

«Liebe Hörerinnen, liebe Hörer, wir berichten aktuell und live vor Ort für Sie aus der Wandelhalle. Gleich geht’s los mit der Bundesratswahl. Neben mir ist jetzt zuerst aber noch Ruedi Rüdisühli. Herr Rüdisühli, Sie backen die Gipfeli für die Bundeshaus-Cafeteria …»

«Seit 35 Jahren, immer gleich, immer gut. Immer gleich gut.»

«Die Gipfel der Macht, sozusagen.»

«Ja, ich gipfle immer in der Nacht. Sonst gäbe es am Morgen ja keine Gipfeli.»

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Letzte Fragen

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 30. Oktober 2018

Über das Sterben spricht man nicht gerne. Aber wir alle sind dem Tod eine Antwort schuldig. Früher oder später. Sind Sie bereit für ein paar letzte Fragen?

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Augen auf bei der Berufswahl

Neulich auf einer Berufsmesse. Zuhinterst in der Halle haben auch die islamistischen Terroristen ihr Info-Camp aufgebaut, gleich neben dem Stand für Lehrstellen im Telefonmarketing. Schön thematisch geordnet, die Schau. Dann fällt mein Blick auf ein Plakat: «Mach was mit Menschen – werde Selbstmordattentäter». Ungläubig bleibe ich stehen. «Ungläubiger, was guckst du?», spricht mich ein bärtiger Mann hinter dem Koran-Tisch an. «Schalom», sage ich, «was beim Hipster-Barte des Propheten macht ihr denn auf einer Berufsmesse?» «Uns stirbt der Nachwuchs weg», sagt der Bärtige. «Dieser Job kann einen aber auch wirklich kaputt machen, wenn man sich voll reinhängt», sage ich voller Verständnis.

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Diese Kolumen wird Ihr Leben verändern

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 25. September 2018

Wenn Sie zum Beispiel, neugierig gemacht durch den Titel, diese Kolumne unbedingt noch lesen wollen, obwohl Ihr Bus schon das Ziel erreicht hat, und dann steigen Sie aus, die Nase noch immer in der Zeitung, und knallen ungebremst in jemanden an der Bushaltestelle, und das ist Ihr alter Schulschatz, neun obligatorische Schuljahre lang ihre grosse, einzige, wahre Liebe – schon in der 2. Klasse haben Sie sich auf der Schulreise versprochen, später zu heiraten –, aber das Leben ist halt kein Ponyschlecken, pubertäre Verwirrungen, die Eltern dagegen, Sie weggezogen, kurz: Sie kamen nicht zusammen, dafür sind Sie beide in unglücklichen Beziehungen gelandet, die Enttäuschung nagt an Ihnen wie der Zahn der Zeit an Ihrem Äusserem, aber jetzt, zack, ist alles wieder da, und sie beschliessen, nicht ins Büro zu fahren, sondern zusammen einen Kaffee trinken zu gehen, bestellen dann aber einen Prosecco, was heisst da ein Prosecco, zwei ganze Flaschen leeren Sie zusammen (das Handy haben Sie längst auf lautlos gestellt, damit der Chef nicht mehr stört), ziemlich verladen landen Sie später im Hotel, wo Sie – nie hätten Sie geträumt, so etwas Orgiastisches noch erleben zu dürfen – die zwei süssesten Zwillinge der Welt zeugen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Schulschatz aufziehen werden als glücklichste Familie weitum – dann, ja dann wird diese Kolumne Ihr Leben wahrhaftig verändert haben. Und Sie brauchen mir nicht mal dafür zu danken, das ist alles im Abo-Preis der FN inbegriffen.

Oder wenn Sie sich zum Beispiel beim Frühstück noch einen zweiten Kaffee eingiessen, um diese Kolumne zu lesen, und deshalb nicht, wie sonst üblich, exakt um 7.47 Uhr vor die Haustüre treten, was Ihr grosses Glück ist, denn genau um 7.47 schiesst der Lieferwagen von Claydermann Umzüge in überhöhtem Tempo um die Ecke, der Chef höchstpersönlich am Steuer, spät dran, weil er unbedingt noch diese Kolumne lesen wollte (die Schlusspointe fand er übrigens enttäuschend), er schleudert, der Konzertflügel auf der offenen Ladefläche kommt ins Rutschen und schlägt im hohen Bogen und in einer der Zwölftonmusik würdigen Kakafonie genau dort auf dem Trottoir auf, wo Sie geständen hätten, wäre nicht diese Kolumne gewesen. Gern geschehen.

Höchstwahrscheinlich wird diese Kolumne Ihr Leben aber nur dahingehend verändern, dass ich Ihnen mit der Lektüre vier Minuten Lebenszeit gestohlen habe. Aber vielleicht haben Sie sich ja ein wenig amüsiert dabei. Und viel mehr kann man sich vernünftigerweise fürs Leben auch nicht erhoffen von einer einfachen Zeitungskolumne.

Im ABC-Schützengraben

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 19. September 2018

Dem Militär laufen die jungen Männer scharenweise davon. Darum planen die kantonalen Militärdirektoren eine Grossoffensive an der Schulfront: Die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sollen in Sicherheitspolitik unterrichtet werden, damit die Jungen nicht mehr zum Zivildienst überlaufen, sondern wieder Freude an Kampfstiefeln, Gewehrfett und Militärbiscuits bekommen. Darüber berichteten kürzlich die Medien. Gerüchten zufolge soll die Operation übrigens den Namen «Das Militär in die Schule tragen» tragen, kurz: MiScht.

Ich muss gestehen, ich finde die Idee bestechend.

Allerdings müsste sie konsequenter durchgezogen werden. Denn eine umfassende Militarisierung der Volksschule – künftig nur noch «Die Obligatorische» genannt – würde nicht nur die Rekrutierungssorgen der Armee beenden, sondern auch gleich ein paar der drängendsten Probleme der Schule auf einen Chlapf eliminieren.

Beispiel eins: Lehrermangel. Wenn ein zackiger Feldwebel in der Lage ist, 70 Rekruten herumzukommandieren, dann sollte auch eine durchschnittlich verhuschelte wAdS (weibliche Angehörige der Schule) in der Lage sein, 45 Primarschülern den Marsch zu blasen. Sie muss halt nur laut genug brüllen.

Zweites Beispiel: Die Integration von muslimischen Schülerinnen und Schülern. Die leidige Handschlagfrage ist mit der durchmilitarisierten Schule vom Tisch. Denn weicheierisches Zivilistengetue wie Händeschütteln wird abgeschafft, künftig wird stramm militärisch gegrüsst. Auch die umstrittene Burkafrage wird entschärft. Djamila darf mit der Burka zur Schule kommen, solange sie in den vorgeschriebenen Tarnfarben gehalten ist.

Skeptiker wenden jetzt vielleicht ein, damit bringe man auch künftigen Terroristen das militärische Handwerk schon in der Schule bei. Aber wir haben einen Bildungsauftrag zu erfüllen. Wenn schon unsere Schweizer Handgranaten beim IS in Syrien landen, wäre es doch unverantwortlich, potenzielle Benutzer nicht im korrekten Umgang damit zu schulen. Sonst sprengen sich die aus Versehen noch selber in die Luft.

Jedes Fach bietet mehr als genug Anknüpfungspunkte, um die Wehrfähigkeit zu steigern: Tarnnetze häkeln im Handarbeitsunterricht, Lesen lernen im ABC-Schützengraben, die Lektionen von Morgarten für die moderne Terrorbekämpfung, das Berechnen von Geschossflugbahnen. Der Musikunterricht könnte mit dem Vermitteln von ein paar Soldatenliedern seinen Beitrag leisten. Und Gastvorträge von angolanischen Kindersoldaten würden eindrücklich zeigen, dass auch Kleine im Krieg schon Grosses leisten können, wenn sie nur wollen.

Noch Fragen? Hier werden keine Fragen gestellt! Wir sind doch nicht in der Schule, wir sind hier beim Militär!

Und jetzt: Wegtreten!

Bauernsterben

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 28. August 2018

Würde Jeremias Gotthelf heute leben, schriebe er nicht erbaulich-hintersinnige Bücher, sondern Thriller. Je blutiger, desto besser. Denn das wird gelesen. «Ueli der Schlächter», so was schriebe Gotthelf heute.

Die Story ist schnell erzählt: Direktzahlungsempfänger Ueli wäre kein tüchtiger Knecht, der sich mit Gottvertrauen zu Wohlstand und Glück uechewärchet, sondern ein perverser Psychokiller, ein wüeschter Uflat im Über­gwändli, der mit seiner stets akkurat gedengelten Sense eine blutige Schneise des Schreckens durch die Eggen und Chrachen des Emmentals schlüge. Gleich auf der ersten Seite säbelte er den Gring des Glunggenbuur sauber ab, und es flösse so viel Blut dabei, dass es dem Namen des Opfers zur Ehre gereichte. So ginge es weiter, auf 450 nervenaufreibend grausigen Seiten. S Elisi, Trinette, der Hagelhannes und der Baumwollherr – alle brutal hingemetzelt. Eine blutige Sichlete. Ein Bauernsterben, z Gottserbarm. Der Meister endete fein geschnetzelt im Bschüttiloch, und die Über­reste der Meisterfrau fände man apartig über den Kuhdraht glysmet wie eine blutige Sunntigszüpfe.

Kein schönes Luegen. Und über allem wehte der tötelige Bysluft der Angst und Misstrauens. Die Polizei, natürlich, dumm wie Bohnenstroh. Sogar s Vreneli, das brave Meitschi, glaubte bis zum Schluss, wenn es Ueli nur genug chüderlen täte, gäbe der ihm dann schon ein Müntschi auf sein Büschelimüli. Aber dem Ueli stünde der Sinn mehr nach filetieren statt flattieren, und schon hübe er seine Sense, um auch am Vreneli sein mörderisches Tagwerch zu vollbringen.

Showdown im Maisfeld: Vreneli glaubte, sein letztes Stündli habe geschlagen, aber dann gelänge es ihm in letzter Sekunde, dem Ueli ans Läbige zu gehen. Mit dem Mais­häcksler. Sense. Noch mit ein paar bsunderbar schönen berndeutschen Begriffen garnieren und tiefenpsychologisch grundieren mit der verpeilten Frömmigkeit Uelis (für jede Leiche hat er den passenden Bibelvers). Und fertig wäre der Bestseller.

Wenn Sie das reichlich über­- trieben oder abgeschmackt finden, dann schmökern Sie mal in einer Buchhandlung oder einer Bibliothek in der Auslage. Verglichen damit ist der Sense-Killer eine Gutenachtgeschichte. Alleine in der Dorfbibliothek meines Vertrauens stapeln sich die übel zugerichteten Leichen meterhoch in den Regalen. Und das Zeug wird gelesen. Wieso zum Henker tun sich die Leute das an? Ist die Tagesschau nicht gruselig genug? Ich mein: Wers blutig mag, soll Metzger lernen. Oder Blutspenden gehen.

Andererseits, «Ueli der Schlächter» würde ich vielleicht auch lesen. Oder noch besser: Ich würde auf die Verfilmung warten. Mike Müller wäre sicher ein Mords-Ueli.

Tandemfahren in Kosovo

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 13. Juli 2018

Hatschi! Ich bin allergisch auf Lachmöwen. Kein Witz. Total schlimm. Hatschi! Strandspaziergänge sind eine einzige Qual. Wenn ich meine Nüstern blähe, um die würzige Seeluft zu inhalieren, und dabei aus Versehen eine Lachmöwe einatme, dann ist meine Nase gleich total zu. Pflopf! Ich krieg keine Luft mehr, laufe blau an und flattere hilflos mit meinen Armen. Zu allem Übel zerkratzen mir die Viecher mit ihren Krallen noch das ganze Gesicht, während ich panisch nach Luft schnappe. Da hilft jeweils nur das beherzte Zugreifen meiner Frau. Auch für die Möwen kein angenehmer Moment. Ich hab alles gegen Lachmöwen probiert: Sprays, Tabletten, Kügelchen. Auch die aus Blei. Aber ich treffe die Scheissviecher einfach nicht. Ferien am Meer fallen deshalb für mich ins Wasser.

Darum überlegen sich meine Frau und ich jetzt, dieses Jahr durch den Kosovo zu fahren. Mit dem Tandem. Fast wie in der Schweiz, dort unten: tolle Berge, die Menschen reden Schweizerdeutsch, und als Doppel-Radler erobert man die Herzen der Einheimischen sicher im Sturm.

Wenn Sie hingegen schon beim Wort Aktivferien ins Schwitzen kommen, dann wäre vielleicht Passiv-Tauchen etwas für Sie: Einfach auf die Malediven jetten und zuwarten, bis der Meeresspiegel höher steigt als die Nackenstütze des Liegestuhls. Ab 2030 übrigens voraussichtlich auch in den Niederlanden buchbar.

Auch der Schweizer Bergtourismus stellt sich auf den Klimawandel ein – und auf die zahlungskräftige arabische Kundschaft. Findige Bergbahnen motten ihre Schneekanonen ein und investieren dafür in Beschneidungsanlagen. Ganz nach dem Motto: «Rauf auf den Gipfel, weg mit dem Zipfel.» Schliesslich lassen arabische Touristen ja gerne was liegen in den Ferien. Das Package gibt es auch für die jüdischen Gäste, dann ist das Fondue einfach koscher statt halal. Ob allerdings das Schilthorn in Schnitthorn umbenannt wird, steht noch auf Messers Schneide.

Wer Bock auf Abenteuerferien hat, aber kein grosses Budget, für den ist die Türkei die heisse Destination in diesem Sommer. Einfach vor dem Abflug ein paar kritische Tweets über den türkischen Präsidenten absetzen, und schon kann man sich das Rückflugticket sparen, da man gleich am Is­tanbuler Flughafen auf unbestimmte Zeit ins Hotel Erdogan eincheckt. Rundumbetreut mit Vollpension bei Fladenbrot und Wasser.

Auch Exit («Die Schweiz ­sehen und sterben») will diese Saison mit ausgefeilten Angeboten den Sterbetourismus ­beleben. Alles natürlich Last-Minute. Buchstäblich. Besonders fies finde ich das Package «Strandwanderung für Möwenallergiker». Hatschi!