Weihnachten

Den Santa einen adipösen alten Mann sein lassen. Stolz ertragen, wie sich die Grosse mit der Blockflöte durch «Jingle Bells» hyperventiliert, während der Kleine dazu den Triangel schlägt mit einem heiligen Ernst, als hinge das Heil der Welt davon ab, was es auch tut, in diesem einen Moment. Das ist für mich Weihnachten. Und noch vieles mehr. Nachzulesen in meinem Blogbeitrag für den «Aufbruch».

Fröhliche Weihnachten!

Die Gipfeli der Macht

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 4. Dezember 2018

«Liebe Hörerinnen, liebe Hörer, wir berichten aktuell und live vor Ort für Sie aus der Wandelhalle. Gleich geht’s los mit der Bundesratswahl. Neben mir ist jetzt zuerst aber noch Ruedi Rüdisühli. Herr Rüdisühli, Sie backen die Gipfeli für die Bundeshaus-Cafeteria …»

«Seit 35 Jahren, immer gleich, immer gut. Immer gleich gut.»

«Die Gipfel der Macht, sozusagen.»

«Ja, ich gipfle immer in der Nacht. Sonst gäbe es am Morgen ja keine Gipfeli.»

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Letzte Fragen

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 30. Oktober 2018

Über das Sterben spricht man nicht gerne. Aber wir alle sind dem Tod eine Antwort schuldig. Früher oder später. Sind Sie bereit für ein paar letzte Fragen?

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Augen auf bei der Berufswahl

Neulich auf einer Berufsmesse. Zuhinterst in der Halle haben auch die islamistischen Terroristen ihr Info-Camp aufgebaut, gleich neben dem Stand für Lehrstellen im Telefonmarketing. Schön thematisch geordnet, die Schau. Dann fällt mein Blick auf ein Plakat: «Mach was mit Menschen – werde Selbstmordattentäter». Ungläubig bleibe ich stehen. «Ungläubiger, was guckst du?», spricht mich ein bärtiger Mann hinter dem Koran-Tisch an. «Schalom», sage ich, «was beim Hipster-Barte des Propheten macht ihr denn auf einer Berufsmesse?» «Uns stirbt der Nachwuchs weg», sagt der Bärtige. «Dieser Job kann einen aber auch wirklich kaputt machen, wenn man sich voll reinhängt», sage ich voller Verständnis.

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Diese Kolumen wird Ihr Leben verändern

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 25. September 2018

Wenn Sie zum Beispiel, neugierig gemacht durch den Titel, diese Kolumne unbedingt noch lesen wollen, obwohl Ihr Bus schon das Ziel erreicht hat, und dann steigen Sie aus, die Nase noch immer in der Zeitung, und knallen ungebremst in jemanden an der Bushaltestelle, und das ist Ihr alter Schulschatz, neun obligatorische Schuljahre lang ihre grosse, einzige, wahre Liebe – schon in der 2. Klasse haben Sie sich auf der Schulreise versprochen, später zu heiraten –, aber das Leben ist halt kein Ponyschlecken, pubertäre Verwirrungen, die Eltern dagegen, Sie weggezogen, kurz: Sie kamen nicht zusammen, dafür sind Sie beide in unglücklichen Beziehungen gelandet, die Enttäuschung nagt an Ihnen wie der Zahn der Zeit an Ihrem Äusserem, aber jetzt, zack, ist alles wieder da, und sie beschliessen, nicht ins Büro zu fahren, sondern zusammen einen Kaffee trinken zu gehen, bestellen dann aber einen Prosecco, was heisst da ein Prosecco, zwei ganze Flaschen leeren Sie zusammen (das Handy haben Sie längst auf lautlos gestellt, damit der Chef nicht mehr stört), ziemlich verladen landen Sie später im Hotel, wo Sie – nie hätten Sie geträumt, so etwas Orgiastisches noch erleben zu dürfen – die zwei süssesten Zwillinge der Welt zeugen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Schulschatz aufziehen werden als glücklichste Familie weitum – dann, ja dann wird diese Kolumne Ihr Leben wahrhaftig verändert haben. Und Sie brauchen mir nicht mal dafür zu danken, das ist alles im Abo-Preis der FN inbegriffen.

Oder wenn Sie sich zum Beispiel beim Frühstück noch einen zweiten Kaffee eingiessen, um diese Kolumne zu lesen, und deshalb nicht, wie sonst üblich, exakt um 7.47 Uhr vor die Haustüre treten, was Ihr grosses Glück ist, denn genau um 7.47 schiesst der Lieferwagen von Claydermann Umzüge in überhöhtem Tempo um die Ecke, der Chef höchstpersönlich am Steuer, spät dran, weil er unbedingt noch diese Kolumne lesen wollte (die Schlusspointe fand er übrigens enttäuschend), er schleudert, der Konzertflügel auf der offenen Ladefläche kommt ins Rutschen und schlägt im hohen Bogen und in einer der Zwölftonmusik würdigen Kakafonie genau dort auf dem Trottoir auf, wo Sie geständen hätten, wäre nicht diese Kolumne gewesen. Gern geschehen.

Höchstwahrscheinlich wird diese Kolumne Ihr Leben aber nur dahingehend verändern, dass ich Ihnen mit der Lektüre vier Minuten Lebenszeit gestohlen habe. Aber vielleicht haben Sie sich ja ein wenig amüsiert dabei. Und viel mehr kann man sich vernünftigerweise fürs Leben auch nicht erhoffen von einer einfachen Zeitungskolumne.

Im ABC-Schützengraben

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 19. September 2018

Dem Militär laufen die jungen Männer scharenweise davon. Darum planen die kantonalen Militärdirektoren eine Grossoffensive an der Schulfront: Die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sollen in Sicherheitspolitik unterrichtet werden, damit die Jungen nicht mehr zum Zivildienst überlaufen, sondern wieder Freude an Kampfstiefeln, Gewehrfett und Militärbiscuits bekommen. Darüber berichteten kürzlich die Medien. Gerüchten zufolge soll die Operation übrigens den Namen «Das Militär in die Schule tragen» tragen, kurz: MiScht.

Ich muss gestehen, ich finde die Idee bestechend.

Allerdings müsste sie konsequenter durchgezogen werden. Denn eine umfassende Militarisierung der Volksschule – künftig nur noch «Die Obligatorische» genannt – würde nicht nur die Rekrutierungssorgen der Armee beenden, sondern auch gleich ein paar der drängendsten Probleme der Schule auf einen Chlapf eliminieren.

Beispiel eins: Lehrermangel. Wenn ein zackiger Feldwebel in der Lage ist, 70 Rekruten herumzukommandieren, dann sollte auch eine durchschnittlich verhuschelte wAdS (weibliche Angehörige der Schule) in der Lage sein, 45 Primarschülern den Marsch zu blasen. Sie muss halt nur laut genug brüllen.

Zweites Beispiel: Die Integration von muslimischen Schülerinnen und Schülern. Die leidige Handschlagfrage ist mit der durchmilitarisierten Schule vom Tisch. Denn weicheierisches Zivilistengetue wie Händeschütteln wird abgeschafft, künftig wird stramm militärisch gegrüsst. Auch die umstrittene Burkafrage wird entschärft. Djamila darf mit der Burka zur Schule kommen, solange sie in den vorgeschriebenen Tarnfarben gehalten ist.

Skeptiker wenden jetzt vielleicht ein, damit bringe man auch künftigen Terroristen das militärische Handwerk schon in der Schule bei. Aber wir haben einen Bildungsauftrag zu erfüllen. Wenn schon unsere Schweizer Handgranaten beim IS in Syrien landen, wäre es doch unverantwortlich, potenzielle Benutzer nicht im korrekten Umgang damit zu schulen. Sonst sprengen sich die aus Versehen noch selber in die Luft.

Jedes Fach bietet mehr als genug Anknüpfungspunkte, um die Wehrfähigkeit zu steigern: Tarnnetze häkeln im Handarbeitsunterricht, Lesen lernen im ABC-Schützengraben, die Lektionen von Morgarten für die moderne Terrorbekämpfung, das Berechnen von Geschossflugbahnen. Der Musikunterricht könnte mit dem Vermitteln von ein paar Soldatenliedern seinen Beitrag leisten. Und Gastvorträge von angolanischen Kindersoldaten würden eindrücklich zeigen, dass auch Kleine im Krieg schon Grosses leisten können, wenn sie nur wollen.

Noch Fragen? Hier werden keine Fragen gestellt! Wir sind doch nicht in der Schule, wir sind hier beim Militär!

Und jetzt: Wegtreten!

Bauernsterben

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 28. August 2018

Würde Jeremias Gotthelf heute leben, schriebe er nicht erbaulich-hintersinnige Bücher, sondern Thriller. Je blutiger, desto besser. Denn das wird gelesen. «Ueli der Schlächter», so was schriebe Gotthelf heute.

Die Story ist schnell erzählt: Direktzahlungsempfänger Ueli wäre kein tüchtiger Knecht, der sich mit Gottvertrauen zu Wohlstand und Glück uechewärchet, sondern ein perverser Psychokiller, ein wüeschter Uflat im Über­gwändli, der mit seiner stets akkurat gedengelten Sense eine blutige Schneise des Schreckens durch die Eggen und Chrachen des Emmentals schlüge. Gleich auf der ersten Seite säbelte er den Gring des Glunggenbuur sauber ab, und es flösse so viel Blut dabei, dass es dem Namen des Opfers zur Ehre gereichte. So ginge es weiter, auf 450 nervenaufreibend grausigen Seiten. S Elisi, Trinette, der Hagelhannes und der Baumwollherr – alle brutal hingemetzelt. Eine blutige Sichlete. Ein Bauernsterben, z Gottserbarm. Der Meister endete fein geschnetzelt im Bschüttiloch, und die Über­reste der Meisterfrau fände man apartig über den Kuhdraht glysmet wie eine blutige Sunntigszüpfe.

Kein schönes Luegen. Und über allem wehte der tötelige Bysluft der Angst und Misstrauens. Die Polizei, natürlich, dumm wie Bohnenstroh. Sogar s Vreneli, das brave Meitschi, glaubte bis zum Schluss, wenn es Ueli nur genug chüderlen täte, gäbe der ihm dann schon ein Müntschi auf sein Büschelimüli. Aber dem Ueli stünde der Sinn mehr nach filetieren statt flattieren, und schon hübe er seine Sense, um auch am Vreneli sein mörderisches Tagwerch zu vollbringen.

Showdown im Maisfeld: Vreneli glaubte, sein letztes Stündli habe geschlagen, aber dann gelänge es ihm in letzter Sekunde, dem Ueli ans Läbige zu gehen. Mit dem Mais­häcksler. Sense. Noch mit ein paar bsunderbar schönen berndeutschen Begriffen garnieren und tiefenpsychologisch grundieren mit der verpeilten Frömmigkeit Uelis (für jede Leiche hat er den passenden Bibelvers). Und fertig wäre der Bestseller.

Wenn Sie das reichlich über­- trieben oder abgeschmackt finden, dann schmökern Sie mal in einer Buchhandlung oder einer Bibliothek in der Auslage. Verglichen damit ist der Sense-Killer eine Gutenachtgeschichte. Alleine in der Dorfbibliothek meines Vertrauens stapeln sich die übel zugerichteten Leichen meterhoch in den Regalen. Und das Zeug wird gelesen. Wieso zum Henker tun sich die Leute das an? Ist die Tagesschau nicht gruselig genug? Ich mein: Wers blutig mag, soll Metzger lernen. Oder Blutspenden gehen.

Andererseits, «Ueli der Schlächter» würde ich vielleicht auch lesen. Oder noch besser: Ich würde auf die Verfilmung warten. Mike Müller wäre sicher ein Mords-Ueli.

Tandemfahren in Kosovo

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 13. Juli 2018

Hatschi! Ich bin allergisch auf Lachmöwen. Kein Witz. Total schlimm. Hatschi! Strandspaziergänge sind eine einzige Qual. Wenn ich meine Nüstern blähe, um die würzige Seeluft zu inhalieren, und dabei aus Versehen eine Lachmöwe einatme, dann ist meine Nase gleich total zu. Pflopf! Ich krieg keine Luft mehr, laufe blau an und flattere hilflos mit meinen Armen. Zu allem Übel zerkratzen mir die Viecher mit ihren Krallen noch das ganze Gesicht, während ich panisch nach Luft schnappe. Da hilft jeweils nur das beherzte Zugreifen meiner Frau. Auch für die Möwen kein angenehmer Moment. Ich hab alles gegen Lachmöwen probiert: Sprays, Tabletten, Kügelchen. Auch die aus Blei. Aber ich treffe die Scheissviecher einfach nicht. Ferien am Meer fallen deshalb für mich ins Wasser.

Darum überlegen sich meine Frau und ich jetzt, dieses Jahr durch den Kosovo zu fahren. Mit dem Tandem. Fast wie in der Schweiz, dort unten: tolle Berge, die Menschen reden Schweizerdeutsch, und als Doppel-Radler erobert man die Herzen der Einheimischen sicher im Sturm.

Wenn Sie hingegen schon beim Wort Aktivferien ins Schwitzen kommen, dann wäre vielleicht Passiv-Tauchen etwas für Sie: Einfach auf die Malediven jetten und zuwarten, bis der Meeresspiegel höher steigt als die Nackenstütze des Liegestuhls. Ab 2030 übrigens voraussichtlich auch in den Niederlanden buchbar.

Auch der Schweizer Bergtourismus stellt sich auf den Klimawandel ein – und auf die zahlungskräftige arabische Kundschaft. Findige Bergbahnen motten ihre Schneekanonen ein und investieren dafür in Beschneidungsanlagen. Ganz nach dem Motto: «Rauf auf den Gipfel, weg mit dem Zipfel.» Schliesslich lassen arabische Touristen ja gerne was liegen in den Ferien. Das Package gibt es auch für die jüdischen Gäste, dann ist das Fondue einfach koscher statt halal. Ob allerdings das Schilthorn in Schnitthorn umbenannt wird, steht noch auf Messers Schneide.

Wer Bock auf Abenteuerferien hat, aber kein grosses Budget, für den ist die Türkei die heisse Destination in diesem Sommer. Einfach vor dem Abflug ein paar kritische Tweets über den türkischen Präsidenten absetzen, und schon kann man sich das Rückflugticket sparen, da man gleich am Is­tanbuler Flughafen auf unbestimmte Zeit ins Hotel Erdogan eincheckt. Rundumbetreut mit Vollpension bei Fladenbrot und Wasser.

Auch Exit («Die Schweiz ­sehen und sterben») will diese Saison mit ausgefeilten Angeboten den Sterbetourismus ­beleben. Alles natürlich Last-Minute. Buchstäblich. Besonders fies finde ich das Package «Strandwanderung für Möwenallergiker». Hatschi!

Auf Facebook

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 19. Juni 2018

Einer hat immer Geburtstag. Auf Facebook. Zwei heiraten immer. Auf Facebook. Eine hat immer grad ein Kind bekommen. Oder eine Katze. Oder süsse Katzenkinder. Auf Facebook. Und sicher ist es immer grad bei einem kompliziert. Auf Facebook.

Immer erlebt einer einen tollen Urlaub. Auf Facebook. Oder eine hat grad die Zeit ihres Lebens. Auf Facebook. Und einer teilt bestimmt seine #magic moments mit seinen #kids im #europapark. Auf Facebook. Und wer ein langweiliges Leben hat, der teilt eben Katzenvideos. Immer hat es Katzenvideos. Auf Facebook. Von Katzen, die aussehen wie Hitler. Von Katzen, die Angst haben vor Gurken. Von Hitler-Katzen in Star-Wars-Kostümen, die Angst haben vor Gurken, die aussehen wie Laserschwerter. Wenn Sie es mir nicht glauben, gucken Sie nach. Auf Facebook.

Zwischendurch postet eine, sie mache jetzt mal Facebookpause; sie sage das nur, damit ihre Facebookfreunde nicht besorgt nachfragten, wieso sie nichts mehr poste. Auf Facebook. Und dann fragen besorgte Facebookfreunde gleich, warum sie seit zwei Minuten nichts mehr gepostet habe (besorgtes Smiley), worauf sie antwortet, sie wolle sich einfach mal auf die wichtigen Dinge konzentrieren (Zwinkersmiley), und eine Stunde später postet sie ein Foto einer Gemüsewähe, die sie selbst gebacken hat. 32  Daumen hoch, fünf Herzen, drei erstaunte Smileys.

Immer sind alle auf Facebook. Und wenn wir mal nicht auf Facebook sind, reden wir drüber, was wir gesehen haben. Auf Facebook. Hast du’s auch gesehen? Ein Foto von einer Kassette und einem Bleistift mit dem Kommentar «Teile das nur, wenn du noch weisst, wie die beiden Sachen zusammengehören». Und natürlich wissen wir das alle noch. Sind ja alle über 40. Auf Facebook.

Immer kocht einer ein Fondue. Auf Facebook. Immer trinkt einer irgendwo ein Weissbier. Auf Facebook. Immer steht einer barfuss an irgendeinem Strand. Oder auf einem Viertausender (selten barfuss). Und immer, immer, immer teilt eine ein buddhistisches Zitat, das auch nicht wahrer wird, nur weil es mit einem abgesofteten Sonnenuntergang hinterlegt ist. Einer warnt bestimmt immer: «Hilfe, mein Konto wurde gehackt.» Und man denkt, schön wär’s, dann wäre wenigstens mal Leben in deinen Posts. Auch wenn’s nur ein Virus ist.

Nie sieht man auf Facebook Menschen, die ihr Face in ein gutes Book stecken. Vergeblich scrollt man, um einen zu finden, der die AGB von Facebook laut vorliest. Punkt für Punkt. Und auf dem Sterbebett wird niemand sagen: Hätte ich doch nur mehr Zeit auf Facebook verbracht.

Vielleicht sollte ich das mal notieren?

Und teilen. Auf Facebook.

Entspannen bis zum Umfallen

«Übrigens» in den «Freiburger Nachrichten» vom 5. Juni 2018

«Lassen Sie mal Ihre Seele baumeln, Herr Moser.» Das schrieb mir neulich ein Reiseveranstalter in einer Werbemail. Baumeler Reisen, wahrscheinlich. Und ich dachte, nein, ich möchte das nicht, meine Seele baumeln lassen. Allein schon aus ästhetischen Gründen. So wie ich meine Seele kenne, hat die nämlich gar keine Bikinifigur (zu viel Soulfood), und wenn die dann so schlaff herunterhängt beim Baumeln, wäh, dann kommt bestimmt einer und will mir ein Lifting verkaufen. Für Leib und Seele.

Und überhaupt, wie soll das gehen, die Seele baumeln lassen? Knüpfe ich sie an einen Baum? Und was, wenn meine Seele beim Baumeln eine andere Seele kennenlernt, eine Seelenverwandte? Und merkt, dass es viel mehr Spass macht, mit der herumzuhängen als mit mir? Dann lässt sie mich hängen. Keine schöne Vorstellung, denn ohne Soul kriege ich den Blues. Nein, ich will meine Seele nicht baumeln lassen. Und ich will auch meine Batterien nicht aufladen. Das ist ja auch so ein Satz, den seelenlose Marketingfritzen erfunden haben, die ihr Hirn ein bisschen zu lang haben baumeln lassen. «Schalten Sie ab und laden Sie Ihre Batterien auf – mit dem Energy-Weekend, für nur 850  Franken!» Ich bin doch kein Smartphone, das man an den Tropf hängen kann, und nachher gehe ich wieder ab wie ein Duracell-Häschen. Es läuft und läuft und läuft. Das hätte unser neoliberaler Turbokapitalismus ja gerne, dass wir alle unermüdliche Duracell-Häschen wären. Und wenns dann doch mal nicht mehr reicht mit der Kraft, einfach mal ein Wochenende lang die Seele baumeln lassen. Und die Batterien aufladen. Für teures Geld.

Aber wissen Sie was? Mein Akku ist ein altes Modell. Mit Memory-Effekt. Der wird nicht mehr ganz voll. Irgendwann reichts nur noch fürs Nichtstun. Aber nichts tun, das geht gar nicht. Nichtstun ist schlecht. Wer rastet, der rostet. Nur Loser haben Zeit. Entspannen hingegen, Entspannen ist super. Weil sich damit prima Geld ­machen lässt. Und wer entspannt ist, lässt sich nachher auch besser wieder einspannen ins Hamsterrad, das sich so schnell dreht, bis sich mancher die Seele aus dem Leib kotzt. Oder das mit dem Baumeln­lassen auf sich selbst bezieht. Die arme Seele.

Aber wir entspannen uns bis zum Umfallen. Meditation, ­Floating, Auszeit im Kloster, Tiefenatmung, Neunfinger- Kakaobutter-Massage auf dem heissen Stein – wir entspannen uns von Pontius zu Pilates. Und was kommt dabei heraus? «Tut mir leid, Schatz, ich kann mich nicht zu dir ins Gras legen und den Wolken zuschauen, ich bin schon spät dran fürs Yoga, und du weisst doch, wie dringend ich mich entspannen muss.»

Verrückt, oder? Ich jedenfalls, ich mach jetzt einfach mal nichts. Das mit den Rostflecken auf meiner Seele – das sehe ich ganz entspannt.